Das halten die Vermittlerverbände von den Fida-Plänen
Die EU plant mit „Fida“ (Financial Data Access) die nächste große Regulierung für den Finanzsektor. Die EU-Verordnung legt den regulatorischen Rahmen für den Zugang zu Finanzdaten fest, die von Banken, Versicherern oder Vermögensverwaltern gehalten werden. Beim Übergang von Open Banking zu Open Finance wird damit die nächste Stufe einer datengetriebenen Transformation des Finanzsektors ins Visier genommen.
Für wen die „Fida“-Verordnung gilt
Konkret verpflichtet „Fida“ Finanzinstitute, einschließlich Banken, Versicherungen, Vermittlern und Fondsgesellschaften, ab einer Größe von 250 Mitarbeitenden oder einem Umsatz von 50 Millionen Euro als Dateninhaber ihre Kundendaten Dritten zur Verfügung stellen. Die Verordnung greift auch beim Firmenkundengeschäft. Ausgenommen sind hingegen Versicherungsprodukte im Krankenversicherungsbereich und ein Teil des Lebengeschäfts – hier ist der Gesetzgeber im Rahmen der DSGVO-Umsetzung in Bezug auf Gesundheitsdaten noch zurückhaltend.
Derzeit befindet sich das Vorhaben im Gesetzgebungsverfahren, wird voraussichtlich Anfang 2025 verabschiedet und ab 2027 greifen. Doch was hält die Branche hierzulande von „Fida“? Die exklusive Umfrage von DAS INVESTMENT zeigt, dass deutsche Branchenverbände gespalten sind.
GDV fürchtet zusätzliche Bürokratie
Zuletzt hatte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft in einem Positionspapier deutliche Kritik formuliert. Aus Sicht von Versicherern und Kreditinstituten werde das Ziel der Verordnung, Innovation und Wettbewerb im Finanzwesen zu fördern, nicht erreicht.
Auch der Kundennutzen bleibe fraglich. „Gegenwärtig ist noch unklar, ob und in welchem Umfang die Kunden dieses neue Datenaustauschmodell überhaupt nachfragen“, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen. Zudem stünden Aufwand und Kosten für die Umsetzung, zum Beispiel durch Investitionen den Aufbau neuer Datensysteme, Kundenschnittstellen und Dashboards, in keinem Verhältnis zum erkennbaren Nutzen für Verbraucher. Der Geltungsbereiche sei zu weit gefasst.
Schrittweise Einführung gefordert
Der GDV plädiert stattdessen für eine stufenweise Einführung von „Fida“ nach Produktkategorien. „Ein Step-by-Step-Ansatz, der sich auf standardisierte Daten und Produkte fokussiert, ist der einzig gangbare Weg", so Asmussen. Zudem werden längere Umsetzungsfristen sowie flexible Überprüfungszeiträume gefordert, um der Komplexität der Auflagen gerecht zu werden. Außerdem sei eine präzise Datendefinition wichtig. „Von Unternehmen angereicherte Daten sollten von den Regelungen ausgenommen werden“, so Asmussen. Sensible Daten, Geschäftsgeheimnisse und Daten Dritter sollten laut GDV nicht Bestandteil des Datenaustauschs sein.
BVK: kleine und mittelständige Vermittler gar nicht betroffen
Bei den Vermittlerverbänden zeigt sich ein uneinheitlicheres Bild. Hier hat sich DAS INVESTMENT exklusiv umgehört. Ob „Fida“ die gesteckten Ziele erreicht, ist aus Sicht von Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK), vor dem voraussichtlich im Januar beginnenden Trilog-Verfahren noch offen.
Zudem sei fraglich, ob Vermittler durch „Fida“ überhaupt betroffen sein werden. „Der derzeitige Entwurf geht davon aus, dass kleine und mittelständige Versicherungsvermittler gar nicht in den Anwendungsbereich von Fida kommen. Sollte es anders sein, werden sicherlich Investitionen oder bürokratische Aufwendungen auf die Vermittlerschaft zukommen“, so Heinz.
Der BVK fordert, dass diese Vermittlergruppe nicht automatisch aus dem Anwendungsbereich von „Fida“ genommen wird, sondern hier eine Wahlmöglichkeit (Opt-In-Klausel) bestehen sollte. Heinz: „Andernfalls sehen wir die Gefahr, dass viele Versicherungsvermittler von der Möglichkeit des Datenzuganges und -austauschs ausgeschlossen bleiben und dadurch letztendlich einen Wettbewerbsnachteil erleiden könnten.“
Kritisch sieht der BVK nach eigener Aussage den Umfang der bereitzustellenden und auszutauschenden Daten. „Wir würden es daher begrüßen, den Geltungsbereich in Bezug auf versicherungsbezogene Daten von Altersvorsorgeprodukten zu beschränken, weitere Sparten könnten dann vor dem Hintergrund der dann gemachten Erfahrungen in der Zukunft in den Anwendungsbereich von Fida aufgenommen werden.“
AfW: Vorteile überwiegen, kaum Sorge vor mehr Bürokratie
Einen potenziell hohen Kundennutzen sieht der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung. Der geschäftsführende Vorstand Norman Wirth sagt: „Open Data, Open Finance, Open Insurance sind ganz klar Innovations- und Wettbewerbstreiber.“ Einschätzen, in welchem Umfang die Kunden die Möglichkeit des Datenaustauschs auch nutzen wollen, könne man bisher aber nicht.
Die Befürchtungen in Sachen Kosten und Bürokratie teilt Wirth nicht: „Das können wir aktuell konkret nicht einschätzen, gehen aber davon aus, dass dies eher nicht der Fall sein wird. In Anbetracht des potenziellen Nutzens dürfte das für die Vermittlerschaft zu vernachlässigen sein. Aktuelle IT ist sicherlich erforderlich, aber das natürlich nicht nur für mögliche Einsatzfelder der Umsetzung neuer Möglichkeiten durch Fida.“
Der AfW rechnet und befürwortet wie der GDV eine stufenweise Einführung nach Produktkategorien. So sollte zum Beispiel die Kfz-Versicherung erst 24 Monate nach Inkrafttreten dazukommen. Weitere Kategorien sollten jeweils mit einem Jahr Abstand folgen. Dies betreffe sowohl Privat- als auch Gewerbekunden. Zur vorgesehenen optionalen Einbindung der bAV, sagt Wirth: „Gerade die bAV ist eine sehr national geprägte Einrichtung. Es macht absolut Sinn, die Einbeziehung entsprechend auch national zu betrachten und zu regeln. Wir halten auch das für richtig.“
Votum verlangt mehr Zusammenarbeit der Verbände
Der Verband Votum, der vor allem größere Finanzvertriebe vertritt, spielt auf das nach wie vor uneinheitliche Vorgehen deutscher Vermittlerverbände in Brüssel an. Man selbst habe sich als erster Verband im Februar 2022 an der branchenübergreifenden Initiative „FRIDA“ beteiligt. „Wir begrüßen es, dass auch der AfW dieser Initiative beigetreten ist, und würden es favorisieren, wenn es der Branche gelingt, eine starke gemeinschaftliche Position zu entwickeln“, sagt der geschäftsführende Vorstand Martin Klein.
Votum sieht in einem standardisiert geregeltem offenen Datenzugang für kontrollierte und überwachte Marktteilnehmer eine große Chance für Innovation im Bereich der Versicherungs- und Anlagevermittlung. Man gehe davon aus, dass Kunden auch bereit sind, Daten auszutauschen. Für Kunden, die zukünftig die Möglichkeit haben, ihren Berater zur autorisieren an einer standardisierten Schnittstelle sämtliche Vertragsdaten abzuholen, bedeute dies eine erhebliche Erleichterung und Beschleunigung des Prozesses. Das gelte auch für die Berater.
Ausschluss nur besonders sensibler Dateninhalte
Dennoch teilt Votum die GDV-Kritik in einigen Punkten. Der Datenaustausch sollte sich laut Klein auf einen festzulegenden Standard von Vertragsdaten beschränken. Eine Erweiterung der Datenlieferungsverpflichtung etwa um die Details von Kundenanalysen und Geeignetheitsprüfungen lehne man ab. Die Daten von Versicherungsverträgen sollten einheitlich an der Quelle, das heißt, bei den produktgebenden Versicherern zur Verfügung gestellt werden.
Klein: „Wir haben Verständnis dafür, dass hinsichtlich einzelner sensibler Versicherungssparten Bedenken dagegen bestehen, Daten über eine Schnittstelle zur Verfügung zu stellen. Wir sollten uns jedoch jetzt keinen Wettlauf im Bereich der Ausschlüsse und Einschränkungen leisten, sondern uns tatsächlich auf wenige besonders sensible Dateninhalte verständigen.“
BDVM fordert KMU-Partizipation
Der Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler (BDVM) sieht „Fida“ als relevantes Thema für seine Mitglieder. „Über unseren europäischen Dachverband Bipar sprechen wir uns für eine stufenweise und möglichst kostenschonende Einführung aus“, sagt der geschäftsführende Vorstand Dr. Bernhard Gause.
Sein Verband erhebt zwei Forderungen: So dürfe es nicht zu Wettbewerbsverzerrungen kommen – auch KMU müssen an den Systemen für den Austausch von Finanzdaten partizipieren können, insoweit sie die Dora-Anforderungen erfüllen. Zudem dürfe es nicht sein, dass nicht vom Anwendungsbereich erfasste Daten, die von Maklern generiert werden, mittelbar ohne Kompensation in die Systeme eingespeist werden.
Wie die anderen Interessenvereine will sich der BDVM aktiv in den ab Januar 2025 vorgesehenen Trilog auf EU-Ebene einbringen.
Erschienen bei das Investment.