Presseinformation: Altersvorsorgereformgesetz benötigt parlamentarische Nachbesserungen

Presseinformation: Altersvorsorgereformgesetz benötigt parlamentarische Nachbesserungen



Pressemitteilung: Nachbesserungsbedarf beim Altersvorsorgereformgesetz

Berlin, 8. Dezember 2025 – Mit der Veröffentlichung des Entwurfs zum Altersvorsorgereform-Gesetz liegt endlich die Grundlage für eine lange erwartete Modernisierung der privaten Altersvorsorge vor. Bei aller Erleichterung über diesen Schritt bleibt jedoch festzuhalten: Das politische Vorgehen des Bundesfinanzministers trägt zur Politikverdrossenheit bei und beschädigt das Vertrauen in ein konstruktives und verantwortungsbewusstes Gesetzgebungsverfahren.

Politisches Verfahren wirft Fragen auf

„Der zeitliche Zusammenhang zwischen der Veröffentlichung des Gesetzentwurfs und der unmittelbar zuvor abgeschlossenen Abstimmung zum Rentenpaket des BMAS lässt kaum Zweifel daran, dass hier parteipolitisches Kalkül vor dem Staatswohl stand. Brisant ist dabei, dass der nun vorgelegte Entwurf im Kern längst im Bundesfinanzministerium erarbeitet war und nur geringfügige Neuerungen enthält“, kritisiert Martin Klein, geschäftsführender Vorstand des VOTUM Verbands.

„Ein Gesetzgebungsverfahren von solcher Tragweite, dessen Weiterentwicklung seit über einem Jahrzehnt erwartet wird, verdient eine ernsthafte fachliche Diskussion“, so Klein weiter. „Stattdessen wurde den betroffenen Berufsverbänden eine Stellungnahmefrist von lediglich fünf Tagen eingeräumt – ein Vorgehen, das in keiner Weise dem Anspruch an einen sachorientierten Reformprozess gerecht wird.“

Schlechterstellung für Eltern mit geringem Einkommen

Die grundsätzliche Ausgestaltung auf Basis des bereits vom Lindner-BMF vorgestellten Altersvorsorgedepots – mit einer stärkeren Kapitalmarktorientierung und verbesserten Renditechancen – hat in der Branche breite Zustimmung gefunden. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der aktuelle Entwurf zentrale Zielgruppen der Reform spürbar schlechter stellt, insbesondere Haushalte mit geringem Einkommen.

So muss derzeit eine Mutter mit zwei nach 2008 geborenen Kindern und einem Bruttoeinkommen von € 30.000,00 monatliche Eigenbeiträge in Höhe von € 35,42, (€ 425,00 jährlich) zahlen, um die maximale staatliche Förderung in Höhe von 775,-, bestehend aus einer Grundzulage in Höhe von € 175,00 und Kinderzulagen von € 600,00 zu erhalten.

Die gleiche Mutter, die nunmehr weiterhin € 425,00 jährlich in das neue Altersvorsorgedepot einzahlt, erhält nur noch eine Gesamtförderung in Höhe von € 340,00- zusammengesetzt aus € 0,30 € persönlicher Förderung und € 0,25 für jeden Euro Eigenbeitrag je Kind.

Das ist im Ergebnis keine Besser-, sondern eine Schlechterstellung um € 435,00 pro Jahr, d.h. weniger als 50% der jetzigen Förderung.

Noch deutlicher wird die Schlechterstellung, wenn man Grenzfälle vergleicht. Eine Mutter von zwei Kindern ohne eigenes Einkommen erhält bisher bei einer Eigenleistung von € 5,00 pro Monat, sprich € 60,00 im Jahr, eine Förderleistung von € 775,00 im Jahr. Im neuen Gesetzesentwurf erhöht sich die Mindesteigenleistung auf € 10,00 pro Monat, entsprechend € 120,00 im Jahr. Hieraus entstehen jedoch lediglich € 96,00 Förderung – eine Reduzierung um nahezu 80 %.

Kostenverteilung: Realitätsferne Vorgaben gefährden qualifizierte Beratung

Als kritisch bewertet der VOTUM Verband zudem die geplante Verteilung von Abschluss- und Vertriebskosten über die gesamte Vertragslaufzeit. Diese Konstruktion ignoriert die Realität:

  • Der höchste Beratungsaufwand entsteht bei Analyse, Erstgespräch und Vertragsabschluss.
  • Eine lineare Verteilung über Jahrzehnte entwertet die Refinanzierung qualifizierter Beratung.
  • Anbieter geraten dadurch in ein Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichem Druck und Qualitätsanspruch.

Der VOTUM Verband wird hierzu in seiner Stellungnahme einen konstruktiven Gegenvorschlag vorlegen, der eine angemessene Vergütung des notwendigen Beratungsaufwands sicherstellt.

Ergänzende Absicherungsmöglichkeiten erhalten

Bedenken bestehen zudem gegen den Ausschluss sinnvoller Ergänzungen wie der Möglichkeit einer Beitragsfreistellung im Falle einer Berufsunfähigkeit. Solche Zusatzbausteine tragen wesentlich dazu bei, dass Beitragszahlungen verlässlich fortgeführt werden können und die Betroffenen tatsächlich eine spätere Rentenleistung erreicht.

Das Argument, durch den Verzicht auf solche Merkmale Beratung entbehrlich zu machen, überzeugt nach Einschätzung des VOTUM Verbands nicht. Die Praxis zeigt, dass viele Menschen ohne qualifizierte Beratung überhaupt keine Vorsorgeentscheidung treffen. Eine verständliche Aufklärung über sinnvolle Gestaltungsoptionen der Altersvorsorge ist ein zentrales Element professioneller Beratung – und gerade bei langfristigen Vorsorgeentscheidungen unverzichtbar.


Über VOTUM e.V.

Der VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e.V. ist der Branchenverband der unabhängigen Finanz- und Versicherungsvermittlungsunternehmen mit Hauptsitz in Berlin. Als solcher vertritt VOTUM die Interessen seiner Mitglieder im Rahmen nationaler und europäischer Gesetzgebungsinitiativen und bietet eine Plattform zur perspektivischen Bewertung regulatorischer Rahmenbedingungen.

An die VOTUM-Mitgliedsunternehmen sind rund 100.000 unabhängige Versicherungs- und Finanzanlagenvermittler angebunden. Diese beraten mehr als 11 Millionen Verbraucher zu Fragen der Absicherung im Alter, der Vermögensbildung und des maßgeschneiderten Versicherungsschutzes.

Weitere Informationen: www.votum-verband.de

Pressekontakt:
Valentin Ochlich
Vorstandsreferent
VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e.V.
Friedrichstraße 149, 10117 Berlin
E-Mail: ochlich@votum-verband.de

Till Kerkhoff
Vorstandsreferent
VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e.V.
Friedrichstraße 149, 10117 Berlin
E-Mail: kerkhoff@votum-verband.de


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