Presseinformation: Bürokratieabbau – Kein Buzzword, sondern europäische Bewährungsprobe

Presseinformation: Bürokratieabbau – Kein Buzzword, sondern europäische Bewährungsprobe



Warum gelingt es der EU-Kommission nicht, Versprochenes umzusetzen?

Berlin, 23. Oktober 2025 – Wir haben in Europa seit langem kein Erkenntnisproblem: Um die Akzeptanz der Bürger für die Segnungen und Vorteile des einzigartigen Zusammenschlusses der Europäischen Union zu erhalten, bedarf es eines entschlossenen Change-Managements – insbesondere bei der EU-Kommission.

„Wir wollen die Europäische Union für das bewahren, wofür sie steht – Freiheit, Sicherheit und Wohlstand. Um dies zu erreichen, müssen wir ihren Kurs ändern. Nicht nur ein wenig, sondern grundlegend“.

So klar haben es die Regierungschefs von 19 Mitgliedstaaten in ihrem Brief an den Präsidenten des Europäischen Rates am Dienstag formuliert.

Bereits zu Beginn der aktuellen Legislatur hatte Mario Draghi in seinem Bericht zur dringend notwendigen Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der EU eine beklagenswerte Überregulierung attestiert.

Ankündigungen ohne Konsequenzen

Die erneute Initiative der Regierungschefs der EU, die von allen europäischen Kernländern getragen wird, bestätigt den Eindruck, den derzeit viele Interessenverbände in Europa teilen: Die EU-Kommission lässt ihren wohlfeilen Ankündigungen keine Taten folgen. In den Trilog-Verhandlungen beharrt sie auf ihren marktfernen Entwürfen, und das Tempo der Ankündigung neuer Regulierungsmaßnahmen ist ungebremst.

Zwar verspricht die Kommission unter Ursula von der Leyen, die administrativen Belastungen für Unternehmen bis 2030 um 25 % zu senken, und verweist im aktuellen „Simplification Report“ auf vermeintliche Fortschritte – die Realität hingegen ist eine andere. So musste etwa der GDV aktuell ernüchtert feststellen, dass sich die mit der Solvency-II-Reform versprochenen Vereinfachungen als Mogelpackung entpuppten und diese sogar mit neuen Berichtspflichten aufwartete.

Neue Regulierungsprogramme statt echter Entlastung

Die EU-Kommission richtet ihre Arbeitskraft weiterhin entschlossen auf neue Regelungswerke. Angekündigt wird etwa die Verabschiedung einer EU-Verbraucherschutzagenda 2025–2030. Im frühzeitig veröffentlichten Arbeitsprogramm 2026 muss man Initiativen zum Regulierungsabbau mit der Lupe suchen. Allenfalls in 10 % der laufenden Vorhaben ist die Rede davon, dass sie vielleicht auch Vereinfachungen bedeuten können.

Die Kommission spricht in ihrem Arbeitsprogramm 2026 von „simpler rules for smarter growth“ und verweist auf 28 Implementierungsdialoge mit Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Doch gleichzeitig wird eine neue Welle von Verordnungen auf den Weg gebracht – darunter das besagte Verbraucherschutzprogramm, das wieder zusätzliche Berichtspflichten für Finanzakteure vorsieht.

Es scheinen sich die warnenden Worte des ehemaligen EU-Kommissars Günter Verheugen hinsichtlich seiner Zweifel gegenüber der Reformfähigkeit der EU-Kommission zu bewahrheiten:
„Jede neue Verordnung, jede Richtlinie bringt der Kommission zusätzliche Kompetenz. An Gesetzen hängen Karrieren von Beamten. Sie dürften wenig Motivation haben, ihr eigenes Schaffen in Frage zu stellen.“

Appell des Votum Verbandes

„Europa steht an einem Wendepunkt“, fasst Martin Klein, Geschäftsführender Vorstand des VOTUM Verbands unabhängiger Finanzdienstleister, zusammen. „Wenn die Bundesregierung es ernst meint mit dem Bürokratieabbau, muss sie sich auf EU-Ebene für eine echte Entfesselungspolitik einsetzen – mit klaren Prioritäten: weniger Regulierung, mehr Markt, mehr Kapitalmobilität. Nur dann kann der Finanzmarkt seine dringend benötigte transformative Kraft entfalten.“

Der VOTUM Verband hat bereits vor einem Monat mit einem Brief an das Kanzleramt und die Ministerien für Finanzen und Wirtschaft auf diese Schieflage zwischen Ankündigung und Umsetzung hingewiesen – dies am Beispiel der von der EU-Kommission weiterhin mit kaum gezeigter Anpassungsbereitschaft verfolgten Retail Investment Strategy (RIS).

Die RIS als Symbol widersprüchlicher EU-Politik

„Die RIS ist symptomatisch für die Widersprüchlichkeit des Handelns der Kommission“, sagt Martin Klein.
„Sie steht für ein kleinteiliges, selbstermächtigendes Drehen an der Regulierungsschraube, das neue Pflichten schafft, statt Potenzial freizusetzen. Zudem ist sie eine Kompetenzaneignungsmaschine, wie sie Verheugen beschrieben hat. Sie enthält im Entwurf der EU-Kommission unzählige Ermächtigungen, um auf zweiter und dritter Ebene weitere Regulierung seitens der Kommission anzuschieben und sich hierbei weitestgehend der parlamentarischen und nationalen Kontrolle zu entziehen.“

Fokus auf gemeinsamen Kapitalmarkt

Eine wirkliche Savings and Investment Union (SIU) mit einem zentralen europäischen Börsenplatz würde dagegen Kräfte bündeln, Verfahren vereinfachen und dringend benötigtes Kapital in die Realwirtschaft leiten.

Bundeskanzler Friedrich Merz hat diesem Erfordernis einer gemeinsamen Börse in seiner jüngsten Regierungserklärung zum EU-Gipfel eine herausragende Bedeutung zugemessen, um dem Abfluss von europäischem Kapital und Unternehmen entgegenzuwirken.

Um sich jetzt diesem übergeordneten Ziel vollständig zu widmen und zeitnah Ergebnisse zu erzielen, müssen die Kräfte gebündelt werden.

Dies ist auch zentraler Bestandteil des Appells von VOTUM:

  • die konsequente Forcierung der Savings and Investment Union,
  • die klare Absage an die Retail Investment Strategy,
  • sowie der Fokus auf einen prinzipienbasierten, schlanken Regulierungsansatz, der Vertrauen in Marktakteure setzt, statt Misstrauen mit immer mehr Kontrollprozessen auszuleben.

„Es kann nicht sein, dass hunderte von klugen Köpfen in der Kommission, dem EU-Parlament und den Länderregierungen in Trilog-Verhandlungen gebunden sind, um an Regulierungsmaßnahmen zu feilen, die die EU beim Ziel der Wettbewerbsfähigkeit keinen Zentimeter weiterbringen“, so begründet Martin Klein seine Forderung nach Beendigung der Arbeiten an der RIS.

Die von Merz, Macron und Meloni initiierte Erklärung an EU-Ratspräsident Costa macht deutlich, dass die Unzufriedenheit mit der EU-Kommission auf höchster politischer Ebene angekommen ist.

Die nationalen Regierungen tun gut daran, nunmehr wie geschehen den Druck zu erhöhen. Wenn die Kommission sich weiter sperrt, muss das Heft des Handelns von den Regierungschefs übernommen werden. Es ist gut zu sehen, dass Deutschland in Europa wieder eine Stimme hat.

Europäische Visionen statt regulatorischen Klein-Kleins

Europa sollte sich daran erinnern, dass die EU jener Wirtschaftsraum ist, der mit Airbus das aktuell erfolgreichste Unternehmen der zivilen Luftfahrt hervorgebracht hat. Man wäre auch in der Lage, technologisch dem Satellitennetzwerk Starlink von Elon Musk Vergleichbares entgegenzusetzen.

Dies könnten europäische Visionen sein – und nicht die vierte Anpassung der dritten Verordnung zur Berichterstattung über von niemandem kontrollierten Unternehmensdaten.


Über VOTUM e.V.

Der VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e.V. ist der Branchenverband der unabhängigen Finanz- und Versicherungsvermittlungsunternehmen mit Hauptsitz in Berlin. Als solcher vertritt VOTUM die Interessen seiner Mitglieder im Rahmen nationaler und europäischer Gesetzgebungsinitiativen und bietet eine Plattform zur perspektivischen Bewertung regulatorischer Rahmenbedingungen.

An die VOTUM-Mitgliedsunternehmen sind rund 100.000 unabhängige Versicherungs- und Finanzanlagenvermittler angebunden. Diese beraten mehr als 11 Millionen Verbraucher zu Fragen der Absicherung im Alter, der Vermögensbildung und des maßgeschneiderten Versicherungsschutzes.

Weitere Informationen: www.votum-verband.de

Pressekontakt:
Valentin Ochlich
Vorstandsreferent
VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e.V.
Friedrichstraße 149, 10117 Berlin
E-Mail: ochlich@votum-verband.de

Till Kerkhoff
Vorstandsreferent
VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa e.V.
Friedrichstraße 149, 10117 Berlin
E-Mail: kerkhoff@votum-verband.de


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